Andacht 10/2020:

"Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn; denn wenn´s ihr wohlgeht, so geht´s auch euch wohl."
                     
Jeremia 29,7 (Luther)

Diese Empfehlung Jeremias an seine Landsleute im fernen Babel war für die Briefempfänger sicher eine Zumutung. Eine Herausforderung allemal. Und sie lässt ein paar Beobachtungen zu, die für uns heute nicht weniger bedeutsam sind: Allein in der Aufforderung zu „suchen“, steckt eine Menge: „Investiert Lebensenergie da hinein“ heißt das ja ebenso, wie zugleich konstatiert wird: Was das „Beste“ (eigentlich „Schalom“ – Frieden, Wohlergehen, …) für die Stadt/das Land ist, das liegt nicht auf der Hand. Das ist den deportierten Juden in Babel nicht einfach schon klar. Sie müssen danach suchen. Und dann danach streben. Das steckt nicht in plumpen Parolen und nicht im Krawall.

Der Nachsatz, dass ihr eigenes Wohlergehen mit Babels Wohlergehen verknüpft sein soll – und zwar in einem Abhängigkeitsverhältnis, das mag den jüdischen Zwangsmigranten bitter aufgestoßen sein.
Ein wesentlicher Teilsatz, der zum Bibelwort gehört, ist im Monatsspruch weggefallen: „…dahin ich euch habe wegführen lassen, …“ „Sucht den Frieden/das Beste für die Stadt/das Land, wohin ich Euch …“ Das entzieht den Heimatberaubten das Futter für Hass und Rachephantasien gegenüber den babylonischen Machthabern. Wenn Gott das Subjekt dieser Katastrophe ist, dann ist Babel nur sein Werkzeug. Dann müssten sie eigentlich sauer auf Gott sein. Aber die Geschichte zeigt, dass dieses babylonische Exil weichenstellend wurde für eine Rückbesinnung auf Gott. Es hat sie Gott näher gebracht, nicht weiter entfremdet. Und dann sollen sie „beten“. Und zwar für! Babel, nicht etwa gegen.
Während ich diese Zeilen schreibe, steht mir unsere aktuelle Situation unweigerlich vor Augen. Ich sehe Corona-Demos, Krawalle in Städten, höre das Lächerlichmachen unserer Bundeskanzlerin, ihrer Regierung und Organisationen wie dem Robert-Koch-Institut. Und ich stelle fest, übelste Beschimpfungen, abwertende und lächerlich machende Kommentare bekomme ich auch von frommen Christen auf mein Handy und PC geschickt. Ich höre „Predigten“, die Hass predigen und Behauptungen kolportieren, deren Wahrheitsgehalt die Autoren ebenso wenig nachprüfen können, wie die Meldungen und Argumente unserer Regierung. Und dann höre ich aus dem Jeremiawort: Unser Wohl hängt am Wohl unseres Landes und seiner Verantwortungsträger. Unsere Aufgabe ist, für sie zu beten und ihren Schalom zu suchen. Wer gegen unsere Regierung hetzt, unterstützt letztlich Kräfte, die gern selbst an die Macht kämen. Fördert die Gefahr von Anarchismus und/oder Diktatur mit Rechtsdrall. Für unsere Regierung zu beten und den Schalom unseres Landes zu suchen, muss nicht heißen, alles gut und richtig zu finden, was unsere Obrigkeit sagt, beschließt und tut. Ganz und gar nicht. Aber für unsere Regierung beten und den Frieden suchen ist unvereinbar mit Hetze, Häme und Diffamierung. Uns auf die Suche zu machen nach Wegen des Friedens, darum geht es. Wer den Schalom unseres Landes zu suchen meint, indem er unsere Regierung infrage stellt, sollte sich politisch und demokratisch engagieren. Unsere Demokratie bietet dafür Spielraum und sieht das ausdrücklich vor. Meine Befürchtung ist, dass das, was politisch kommen könnte, wenn unser System abgelöst würde, schlimmer wäre, als das, was ist. Meine Hoffnung ist, dass Gott letztlich das Heft des Handelns in seiner Hand hält, und dass Krisen dazu führen können, vernünftige Weichenstellungen vorzunehmen und schließlich wieder nach Gott zu suchen.

Mit Schalom suchenden Grüßen

Euer

  Michael_Schubach  Pa. Michael Schubach, Pastor der EFG-Stollberg

Vernetzt im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland K.d.ö.R.

Wir sind Mitglied im Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R.



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